Der Berliner Skulpturenfund
 
''Entartete Kunst'' im Bombenschutt
 
29. Juni 2014 - 21. September 2014



Es war ein spektakulärer Fund, als im Jahr 2010 bei Bauarbeiten an der U-Bahn vor dem Roten Rathaus in Berlin von Archäologen 16 Skulpturen ausgegraben wurden. Denn die Werke, die dabei ans Tageslicht kamen waren keine Zeugnisse der Antike oder des Mittelalters, wie das sonst bei archäologischen Funden üblich ist, sondern Skulpturen der Klassischen Moderne. Es waren Werke, die 1937 im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ in deutschen Museen beschlagnahmt und zum Teil in der gleichnamigen Schandausstellung präsentiert worden waren. Darunter befinden sich auch Skulpturen der drei Hagener Bildhauer Will Lammert, Karel Niestrath und Milly Steger. Bei der Bombardierung Berlins wurden sie unter Bombenschutt begraben.

Nach ihrer Identifizierung waren die 16 Skulpturen zunächst im Neuen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin zu sehen, anschließend kamen sie als Wanderausstellung bereits in verschiedene deutsche Museen und weitere Stationen sind geplant. Vom 29. Juni bis zum 21. September 2014 ist der Berliner Skulpturenfund „Entartete Kunst" im Bombenschutt nun im Osthaus Museum Hagen zu sehen.

Die bewegte Geschichte, also die Hintergründe der Kunstwerke und ihrer Künstler stehen als zentrales Thema im Mittelpunkt der Ausstellung.
Neben Werken der drei Hagener Bildhauer Will Lammert, Karel Niestrath und Milly Steger fanden sich außerdem Skulpturen von Otto Baum, Karl Ehlers, Otto Freundlich, Richard Haizmann, Karl Knappe, Marg Moll, Emy Roeder, Edwin Scharff, Naum Slutzky, Gustav Heinrich Wolff und Fritz Wrampe.

Die Spuren der Zerstörung durch Brandbomben und Bauschutt wurden bewusst nicht vollständig restauriert, sondern zeugen von dem dramatischen Schicksal der modernen Kunst zur Zeit des Nationalsozialismus und von den Verheerungen des Krieges.

In Hagen wird die Ausstellung ergänzt durch gut ein Dutzend Plastiken der drei Hagener Bildhauer aus der Sammlung des Osthaus Museums.

Im Zusammenhang mit der Aktion „Entartete Kunst“ wurden im damaligen „Städtischen Museum Hagen“ (1930 eröffnet als „Christian Rohlfs Museum“; ab 1935-1941 umbenannt in „Städtisches Museum Hagen“ resp. „Städtisches Museum – Haus der Kunst“; ab 1941 umbenannt in „Karl-Ernst-Osthaus-Museum“) im Juli und August 1937 mehrere Hundert Kunstwerke beschlagnahmt. Im Sammlungskatalog des Städtischen Museums aus dem Jahr 1939 wird die Zahl der beschlagnahmten Werke mit rund 500 beziffert.

Im Zusammenhang mit der Aktion wurden, vermutlich vom damaligen Museumsleiter und Parteimitglied Dr. Gerhard Brüns, sieben Fotoalben erstellt, in denen die beschlagnahmten Kunstwerke – Malerei, Plastik, Zeichnungen, Druckgrafik - fotografisch dokumentiert sind. Es handelt sich um rund 200 Fotografien in sieben erhaltenen Alben. Unter anderem ist dort die Fotografie einer kleinen Steinplastik von Milly Steger zu finden. Diese Figur gilt als verschollen.

Stilistisch reichen die Arbeiten vom Expressionismus und Kubismus bis hin zu einem wieder stärker werdenden Realismus in den 1920er Jahren.

Der Berliner Skulpturenfund „Entartete Kunst" im Bombenschutt ist eine Ausstellung des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin im Rahmen des Föderalen Programms der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, kuratiert von Prof. Dr. Matthias Wemhoff und Dr. Marion Bertram.



Zur Ausstellung ist ein Begleitband erhältlich: Der Berliner Skulpturenfund. „Entartete Kunst“ im Bombenschutt. Entdeckung, Deutung, Perspektive, hrsg. von Matthias Wemhoff, Staatliche Museen zu Berlin, 2012.
Für 19,80 Euro ist er im Museumsshop und im Buchhandel zu kaufen.